Nachrichten von Lesbos Solidarity - Februar 2021

Es ist Winter

Auf der Insel Lesbos leben derzeit 7400 Flüchtlinge unter erbärmlichen Umständen im Lager Kara Tepe. Insgesamt sind mehr als 19.000 Menschen in den fünf Aufnahmezentren auf den griechischen Inseln. Deutschland hat sein Versprechen, 1.553 Menschen von den griechischen Inseln aufzunehmen, nicht erfüllt. Gerade einmal 291 wurden bislang evakuiert. Es ist Winter, in den Temperaturen und in der europäischen Politik gegenüber Geflüchteten.

Hilfe für die Helfenden  –  zur Situation der lokalen Initiative Lesvos Solidarity

Die lokale Flüchtlings-Initiative Lesvos Solidarity bot im Camp PIKPA besonders schutzbedürftigen Menschen einen  sicheren Ort.  Am 30. Oktober 2020 wurde dieses Leuchtturmprojekt der Menschlichkeit durch die griechische Polizei brutal geräumt. LeSol begleitet alle in das Lager KaraTepe verbrachen Menschen weiterhin. Hilfsgüter, Decken und Haushaltswaren wurden verteilt. Krankenschwestern, die Psychologin und die Sozialarbeiter von LeSol haben medizinische, soziale und psychologische Bedarfe erhoben. In Gruppensitzungen wurde den entwurzelten Menschen Gelegenheit gegeben, Erfahrung und Frust auszutauschen. Dies geschah auch in Kooperation mit den direkt in KaraTepe arbeitenden Organisationen.

Wichtig ist die Unterstützung geflüchteter Menschen bei der Integration in die Gesellschaft.

LeSol ist als lokale Gruppe gut vernetzt und kann Menschen direkt bei Behördengängen,

in Verwaltungsprozessen oder im Gespräch um einen Arbeitsplatz begleiten. Einige haben so Arbeit und eine Wohnung finden können.

Zusätzlich bietet LeSol weiterhin berufliche Bildungsprogramme über das Unterstützungszentrum Mosaik an. Dort gibt es die Werkstätten „Safe Passage“ und „Humade Craft“.

Das Bildungsprogramm wurde an die COVID-19-Situation durch den Start einer Reihe von Onlinekursen angepasst.

Seit November war eine große Aufgabe für die Mitarbeitenden bei LeSol, für alle Güter und Materialien des geräumten Camps PIKPA einen Lagerort zu finden. Eine Umzugsfirma musste angeheuert werden, damit das Lager rechtzeitig und ohne eine Strafe des Stadtplanungsamtes wieder der Kommune übergeben werden konnte. Zum Glück wurde ein Grundstück gefunden, auf dem alles Material gelagert werden kann, um es für zukünftige Projekte zu nutzen.

Es ist nicht in Worte zu fassen, welche emotionale Auswirkung dieser "Rückbau" auf das Team von LeSol hatte. „Die letzten Wochen, in denen PIKPA ausgeräumt wurde, waren still und leer…all dies unter der Überwachung durch die Polizei.“ heißt es im Newsletter von LeSol (12/2020).

Für das Team von LeSol ist es darum auch an der Zeit, sich neu zu gruppieren und zukünftige Projekte zu besprechen. Einige Vorschläge haben bereits Gestalt angenommen. Die Sprecherin von LeSol, Frau Efi Latsoudi beschreibt zwei neue Perspektiven: „Wir haben der griechischen

Wohltätigkeitsorganisation der orthodoxen Kirche einen Vorschlag unterbreitet, um eine Unterkunft für bedürftige Frauen und Kinder zu schaffen und warten auf eine Antwort. Falls unser Vorschlag angenommen wird, müssen wir das gesamte Gebäude mit einem Team reparieren.“ Dieses Vorhaben gibt Geflüchteten wie Einheimischen Arbeit über Monate.

Ein weiterer neuer Schwerpunkt ist die Kooperation mit dem städtischen Krankenhaus. Angesicht der Coronasituation hatte LeSol im vergangenen Jahr zu Spenden für das Krankenhaus aufgerufen. Eine bessere Ausstattung kam griechischen Familien ebenso zugute wie kranken geflüchteten Menschen. Die solidarische Geste der Unterstützung förderte das Vertrauen zwischen der kleinen Initiative und dem lokalen Krankenhaus. Eine gute Voraussetzung zum Ausbau weiterer medizinischer oder psychosozialer Angebote für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen.

„In der Zwischenzeit machen wir weiter mit der Unterstützung der ehemaligen PIKPA-Bewohner und wir unterstützen die Familien, die in der „Safe Passage“ Werkstatt arbeiten.“ unterstreicht Efi Latsoudi.

Spenden bleiben gerade in dieser Übergangssituation wichtig, um Neues entwickeln zu können und dem Ziel treu zu bleiben: dass geflüchtete Menschen in Europa menschenwürdige Aufnahmebedingungen finden.

(Text: Sabine Müller-Langsdorf, Beauftragte für Friedensarbeit im Zentrum Oekumene der EKHN und EKKW, 3. Februar 2021)